Mein Sternenkind,  New

Unser Sternenkind Freya

Ein kurzes Vorwort: Ich habe einige Zeit überlegt, ob ich das hier veröffentlichen möchte. Zum Einen, weil es doch sehr persönlich ist, zum anderen, weil es in diesem Blog auch so lange nichts Neues von mir zu lesen gab.

Zudem möchte ich eine kurze Warnung aussprechen: In diesem Beitrag geht es um den Tod und er ist daher vielleicht nicht für alle gut zu verkraften. Es ist meine persönliche Geschichte, bzw. die Geschichte unserer Tochter Freya, die vor 8 Wochen als Sternenkind in einer stillen Geburt zur Welt kam.

In meinem Blog möchte ich ab sofort auch Raum für dieses Thema schaffen. Beginnend mit meiner eigenen Geschichte bzw. der Geschichte von Freya und der Verarbeitung unserer Trauer.


Ich hatte diesen Text erst nur in mein Tagebuch geschrieben, weil es mir gut tut das Erlebte nieder zu schreiben. Das was uns da passiert ist in Worte zu fassen, ist für mich irgendwie auch wichtig, um es zu begreifen. Jetzt möchte ich es aber auch hier veröffentlichen, weil es auch mir Halt gab und gibt Geschichten von anderen Sterneneltern zu lesen. Ich habe mir vorgenommen, das Erlebte in verschiedene Beiträge aufzuteilen, weil ich es auch nicht schaffe alles auf einmal nieder zu schreiben. Es wäre mir emotional einfach zu viel.


Mittwoch. Es ist mal wieder Mittwoch und ich stelle mir die Frage, ob ich jemals nicht mehr daran denken werde, was am Mittwoch vor 8 Wochen geschah. Wie am 8. Januar 2020 meine Welt zusammenbrach. Ich erinnere mich an meine Nervosität. Ich hatte schlecht geträumt. Von einer Frau, die erschossen wurde und die ich nicht retten konnte, weil ich mich verlaufen hatte. Ich wachte mit einem schlechten Gefühl auf, das ich aber auf den Traum bezog und darauf, dass ich auch mit einem schlechten Gefühl eingeschlafen war. Aber das war auch nicht das erste Mal gewesen. Freyas Aktivität war gegen Ende der Schwangerschaft sehr schwankend gewesen. Aber auf jeden wenig aktiven Tag war immer ein Tag voller Freude und viel Aktivität im Bauch gefolgt. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob sie Dienstag gar nicht oder nur wenig aktiv war. Ich weiß aber, dass ich mir schon Dienstag Abend Gedanken machte. Aber was sollte schon passieren? Ich war ja noch am Montag beim Arzt und hatte auch ein CTG machen lassen. Der Arzt sagte mir, es sehe alles gut aus. Und hey, ich war schon in Schwangerschaftswoche 40. Was sollte da noch passieren? Unser Kind war doch schon aus dem gröbsten raus. Die Geburt stand kurz bevor. Am Sonntag war Entbindungstermin und ich hatte bis dahin eine Vorzeigeschwangerschaft. Nur leichte Übelkeit zu Beginn und auch sonst keine Komplikationen. Alles war perfekt.

Mittwoch lies mich aber das schlechte Gefühl trotzdem nicht mehr los. Ich hatte Freya an diesem Morgen noch nicht gespürt und wartete sehnsüchtig auf ihre Bewegungen, die Entwarnung geben sollten – so wie schon so oft zuvor. Aber die kamen nicht. Also machte ich einen Spaziergang. Ich trank Limonade. Ich legte mich auf die linke Seite. Ich stupste meinen Bauch. Ich machte laute Musik an und tanzte durch das Wohnzimmer. Alles Dinge, die unsere Kleine sonst immer zu Tritten animiert hatten. Aber dieses Mal passierte nichts.

Mein Unbehagen wuchs. Es wurde so stark, dass ich mich doch entschloss unserer Hebamme eine SMS zu schreiben. Ihre Antwort war: „Ich bin gerade in der Nähe. Ich komme gegen 3 bei dir vorbei.” Ich war erleichtert. Sie würde gleich vorbeikommen, kurz nach unserer Freya sehen und dann Entwarnung geben. Denn wir waren ja schon so kurz vor dem Ziel. Als sie dann kam, machte ich noch Witze. „Sorry, dass du jetzt extra hierher kommen musst. Ist bestimmt nur falscher Alarm, aber wenn man einmal anfängt, drüber nachzudenken, dann lässt das einen ja nicht mehr los.“ Wir gingen also ins Wohnzimmer. Ich legte mich auf die Couch, wie immer. Sie versuchte Herztöne zu finden, konnte aber keine finden. Beruhigte mich aber mit den Worten, dass es daran liegen kann, dass Freya irgendwie blöd liegt. Sie schloss ihr „stärkeres“ Gerät an. Aber auch da: dasselbe Ergebnis. Keine Herztöne. Trotzdem blieb ich in dem Moment noch ganz ruhig, verfiel nicht in Panik. Ich glaube, mein Kopf wollte es einfach nicht wahrhaben, nicht verstehen.

Die Hebamme sagte, dass das mal vorkommt, dass das Gerät nicht ausreicht. Ich solle doch zum Ultraschall gehen. Weil die Praxis meines Frauenarztes an dem Tag schon geschlossen hatte, sollte ich doch am besten direkt in die Klinik gehen, in der wir entbinden wollten. Ich rief also meinen Freund an und bat ihn nach Hause zu kommen, damit wir ins Krankenhaus fahren können. Ich war mir noch immer sicher, dass bestimmt alles gut wäre. Falscher Alarm und es würde schon alles gut werden. Wir nahmen also die Kliniktasche und den Maxi Cosi mit. Denn das Schlimmste, dachte ich, was passieren könnte, wäre, dass wir im Krankenhaus bleiben müssen und die Kleine sofort geholt wird. Aber auch das erschien mir unwahrscheinlich. Die ganze Schwangerschaft war doch problemlos gewesen. Warum sollte da jetzt etwas passieren? Auf der Fahrt ins Krankenhaus machte ich noch Witze darüber, wie wir nachher sicher beruhigt nach Hause fahren würden.

Im Krankenhaus angekommen wurden wir direkt von einer Hebamme in einen Untersuchungsraum begleitet. Eine Ärztin kam sofort und begann mit dem Ultraschall. Wie gebannt schaute ich auf das Bild. Das Bild mit den Konturen unseres Kindes. Diese vertrauten Konturen, die ich in den letzten Wochen und Monaten schon häufiger voller Vorfreude gesehen hatte. Nie hatte ich mir Sorgen gemacht. Die Ärztin begann voller Zuversicht nach den Herztönen zu suchen. Als die Suche immer länger dauerte und der Suchradius auf meinem Bauch immer größer und hektischer wurde, wurde ich immer nervöser. Aber ich dachte, sie will sich nur versichern und alles ansehen. Ich dachte immer noch: Es ist bestimmt alles gut. Sie geht nur sicher.

Aber dann legt die Ärztin das Gerät beiseite. Sie nahm meine Hand und sie sagte die Worte, die mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf gehen und während ich das hier schreibe sehe ich die Szene vor mir, als wäre es eben erst passiert. „Es tut mir leid. Ich muss Ihnen das Schlimmste sagen, was man werdenden Eltern sagen kann. Ich kann keine Herztöne mehr finden.“ Und selbst da, brauchte mein Kopf einige Sekunden, um zu begreifen, was sie gerade gesagt hatte. Mein erster Gedanke war: „Dann schauen Sie doch genauer hin oder holen Sie einen Kollegen, der die Herztöne findet.“ – bis ich begriff: Niemand würde mehr Herztöne finden können. Und dann tat sich der Abgrund auf. Ich war wie gelähmt. Ich lag da und konnte nichts sagen. Ich konnte kaum mehr atmen. Ich konnte es einfach nicht verstehen. All meine Hoffnungen, die Vorfreude und die Träume für die Zukunft zerbrachen vor meinen Augen und ich spürte einfach nur noch Leere und Kälte.

2 Comments

  • joerg

    Liebe Daniela, danke dafür, dass Du das mit den Leser:innen teilst. Ich vermag mir Eure Trauer kaum vorzustellen und hoffe, dass Dir aber auch dem Vater von Freya das Schreiben hilft, diese Erfahrung zu bewältigen. Ich wünsche Euch beiden Kraft und Liebe füreinander. Jörg

  • Alexandra

    Liebe Daniela, Mama von Freya! Es ist einfach so traurig, schrecklich, unfair was euch passiert ist. Es ist wirklich das schlimmste, was werdenden Eltern passieren kann. Es tut mir leid, dass ihr das erleben musstet und euch viel zu früh von eurer kleinen Freya verabschieden musstet. Ich finde es gehört viel Mut und Stärke dazu das Erlebnis hier zu veröffentlichen, ich hoffe es hilft dir bei deinem persönlichen Trauerprozess.
    Ich wünsche dir und deinem Freund weiterhin viel Kraft diese besonders dunkle und schmerzhafte Zeit durchzustehen.
    Viele Grüße, Alexandra

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert